Archiv: AUFBRUCH 01/2014

The end of 9 to 5

13 Apr.

The idea of people working regular hours is an anomaly; a blimp on the radar of human development. Celebrate it for what it was and move on.

Pascal Finette –  He worked for Mozilla  (Director), Ebay (Senior  Manager) and Google (Portfolio Manager).  

Pascal Finette – He worked for Mozilla (Director), Ebay (Senior Manager) and Google (Portfolio Manager). Describes himself as an Entrepreneur, Speaker, Chief Heretic, Posse Leader, Nerd, Coffee Snob, Dancer-in-the-Moment. Check out his Heretic movement under heretic.me

Since the dawn of time human activity was governed by the cycle of the sun. We rose with the first sign of the sun, plowed the fields, went hunting and generally did what was necessary to sustain ourselves – until the sun set and it went dark. If the moon shone bright enough we worked through the night. Otherwise we slept. The three billion people around the world who live in poverty and don’t have access to electricity still operate by this cycle. We rested when there was less work to do, we took a break when we felt tired and work was generally „always there“.

The industrial revolution brought us a new regime: The machines demanded to be kept moving. Electricity expanded „daylight hours“ ad infinitum. We went from twelve hours in the fields to twelve hours slaving away in the newly built factories, took a break when we were told to take a break and labeled this all „progress“.

Only in the second half of the nineteenth century, with the rise of the unions and thus the (somewhat) realignment of power from employers to employees did we get the „40 hour work week“, Sunday’s off and the rhythm of nine to five. Moving from blue collar (factory floors) to white collar (offices) jobs further accelerated this trend.

This regiment stayed with us for a short hundred or so years. Star­ting with the advent of the digital economy – we rapidly moved back to where we came from: A culture of „always on“; a world where boundaries between work and personal life blur and where we work, once again, from dusk till dawn (and longer); resting when there is less work to do (or not at all) and taking breaks when we feel tired (or never) and with work just always being there.

The „new economy“, a term coined during the first dot-com boom in the late nineties, promised a future where we live as free agents, do our work from coffee shops or hip offices; where work feels like play and play becomes life. The reality saw us working endless hours, our heads illuminated by the blue glare of our computer screens and our desires fueled by the promised payoff of untold riches through a public stock offering of our companies. Nine to five became a forbidden term – the word you used to describe your colleagues who „didn’t have their priorities right“ and „didn’t pull their weight“.

We rewired our brains for the instant dopamine rush we get when an email hits our inbox. The fear of missing out became „a thing“. When RIM introduced their first Blackberry devices, which we proudly wore on our belts and which vibrated with each and every email which came into our inboxes, we were hooked. We developed „phantom vibration syndrome“ when we didn’t have our Blackberrys with us. With the advent of Apple’s iPhone, iPad and Google’s Android devices we started begging our companies to allow us to bring our own devices to work (a trend which got its own acronym: BYOD). And in return are always online, always checking email, never switching off anymore.

We happily bartered our right to work five days a week from nine to five for a world of instant gratification and constant rush. Probably we were never meant to put a clean border between work and life.

Now excuse me: I need to check my email, update my status on Facebook and catch up on the latest news on Twitter.

BETONWIRTSCHAFTSLEHRE

9 Apr.

Blindes Wachstum und falsche Effizienz zerstören den Planeten eher heute als morgen. Leopold Seiler fasst den Wahnsinn zusammen.

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Leopold Seiler: Professor, Mikrokredit-Profi und Philosoph. FOTO DAVID SAILER FÜR CASH FLOW

Die reale Welt zu kritisieren, aber sich in ihr auf eine Art zu bewegen, die selbst kritisch zu beäugen wäre, ist inkonsequent. Machen wir alle aber trotzdem, oder? Es läuft auch einiges schief im Moment.

Wir sollten das ändern, solange wir dies noch können. Schicken wir die Wirtschaft in die ethische Mucki-Bude. Dort kann der Schweiß der Anstrengung das Absurde wegspülen, bevor das die Tränen erledigen. Machen wir so weiter, werden es bald auch Ihre eigenen sein.

Machen Sie ein kleines Gedankenexperiment mit mir: Eine außerirdische Intelligenz dreht ein paar Runden um unseren Planeten, landet auf allen Kontinenten und berichtet dann daheim vom Eindruck des Ausfluges. Sie werden sich nicht mit Detailberichten über das morbide Wien, das oberflächliche New York oder das staubige Tunis aufhalten, sondern sich ganz allgemein fassen. Ein Planet mit biologischer Vielfalt. Eine dominante Spezies, humanoid, aber im Denken und Handeln wie ein Krebsgeschwür ausgerichtet. Die Humanoiden zerstückeln das eigene Biotop messbar und sichtbar. Konzentrationsprozesse innerhalb der Spezies sind daher unvermeidbar, da das Lebensmodell nicht unendlich skalierbar ist. Technische Vorteile kommen nur der kleinen Minderheit zu, die an einem Spiel teilnimmt, das „Wirtschaft“ genannt wird. Die Eintrittskarte dazu wird „Geld“ genannt. Sie zu ergattern ist schwierig. In die Enklaven des Glücks wird die große Masse der Spezies daher nie vordringen können. Von einer weiteren Kontaktaufnahme wird dringend abgeraten.

Sollten wir für die Außerirdischen zu einem positiveren Schlussresümee kommen wollen, sollten wir einige Punkte schnellstens ändern.

Die Welt in unserem Keller. Denken Sie an den Bodensatz Ihrer Gefriertruhe, wenn jemand den Stecker zieht, während Sie im Urlaub sind. Dieses Gemisch aus Tauwasser, Blut und flüssigem Speiseeis. Ekelhaft. Geschlossenen Systemen wie Ihrer Gefriertruhe muss permanent Energie zugeführt werden, sonst steigt der Grad der Unordnung. Da unser modernes Wirtschaftssystem einen unnatürlich hohen Grad der „Ordnung“ erreicht hat, bedarf es einer Menge Energie, um es aufrechtzuerhalten. Davon ist aber leider nicht genug für alle da. Ziehen wir die Metapher weiter, ist Afrika das eingefrorene Fleisch, das nach drei Tagen vermodert, und Europa das Grüngemüse, das den Aggregatszustand länger hält.

Bleiben wir weiter so dummdreist und zapfen den einzigen Energielieferanten nicht an, der am Monatsende keinen Erlagschein sendet, suppt auch das Gemüse aus seiner Packung und ertrinkt im Gatsch auf dem Boden der Gefriertruhe. Die Sonne kann unsere Energieprobleme lösen. Solange wir sie nicht nutzen, leiden wir global an sozialer Unordnung, die uns irgendwann den Stecker zieht.

Globalisierung ist Mittelalter.  Global am Start sein, meint „überall“. Globalisierung ist ein regionaler Begriff, und warum bitte kein sozialer? Aus „überall“ sollte „mit möglichst vielen Teilnehmern“ werden. Warum raubrittert eine wirtschaftliche Elite (Ja, Sie gehören da irgendwie mit dazu) durch die Welt wie durch einen Selbstbedienungsladen und verkauft sich dem darbenden Rest als Messias? Wir leben nach wie vor im Mittelalter. Wir haben den Ständestaat nur regional erweitert. Das ist Fortschritt, Baby. Der besteht darin, dass wir die Sklaven und Leibeigenen nicht vor unserer Haustüre betteln, hungern und sterben sehen müssen. Noch immer leben Milliarden Menschen nicht so, wie man es Menschen zubilligen möchte. John Rawls mit seinem „Schleier der Unwissenheit“ erklärt uns das eindrucksvoll. Unwahrscheinlich, dass sie den Status quo der Globalisierung als chancengleich verteidigen und gleichzeitig behaupten, alle Tassen im Schrank zu haben, oder?

Schreibfehler. Ich spiele gerne mit „Vermögen“. Als Anlageberater und als Philosoph. Die meisten Menschen würden den Begriff intuitiv großschreiben: „Vermögen“ – also alles, was du hast. Ich schreibe ihn lieber klein: „vermögen“ –also alles, was ich tun kann. „Vermögen“ wird zum Inbegriff der Potentialität. Scheiß auf die Kohle. Es geht darum, was ich tun kann. Frag Mutter Teresa, Gandhi oder Jesus. Wir feiern diese Menschen als moralische Instanzen, klatschen ihnen aber im Vorbeigehen auf den Arsch.

Beim Buchstaben „G“ klappt das Wortspiel auch. In der Ökonomie steht „g“ für Wachstum. Politiker stimulieren ihren „G-Punkt“, dieses ominöse Wachstum, gerne mit der ganzen Hand. Klingt unanständig, ist es auch. Denn unendliches Wachstum tötet.

In meinen Ethik-Vorlesungen steht „G“ für „genug“. Wann sind wir ausgewachsen? Wie viel reicht Ihnen denn? Wenn wir halbwegs ehrlich sind, liegen wir da alle in einem hohen Maße drüber. Klingt für Sie zu moralinsauer? Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut? Sicher nicht. Denn bald rettet uns nur noch die Landung von friedfertigen Aliens vor dem ökonomischen Suizid in unserer kleinen Sandkiste.

Die Eislauf-Gesellschaft. Als mich meine Tochter neulich fragt, wann wir auf der Alten Donau eislaufen, zögere ich. Ist das Eis schon dick genug? Niemand ist drauf, offiziell freigegeben wird es wohl noch nicht sein. Am Tag darauf tummeln sich die ersten Mutigen. Am Wochenende ist die Fläche voll. Jetzt wird es wohl halten. Los geht’s, Tochter. Das alte Spiel mit der trügerischen Sicherheit.

Je mehr Menschen die physikalischen Grenzen eines Systems testen, die Tragfähigkeit belasten, desto wahrscheinlicher ein Einbruch. Witzig, dass wir Eiskunstläufer die steigende Zahl der Fahrer als Zeichen der Sicherheit interpretieren, obwohl das Eis mit jedem Eisläufer einer größeren Belastung ausgesetzt wird.

In einer Eislaufgesellschaft hat die Mehrheit immer recht. Autsch! Ist leider falsch. Die Börsen funktionieren genauso. Alle rennen in die gleiche Richtung, dem gleichen Trend nach, so lange, bis das Eis bricht. Vermeintliche Sicherheit ist trügerisch.

Nehmt das! Ich plädiere für weniger Produkt und mehr Mensch. Weg mit dem absurd-banalen Wachstum, her mit Genügsamkeit. Weg mit dem kruden Effizienz-Fetisch, her mit globaler Verantwortung. Irgendwann muss es einfach genug sein.

Wir stehen als Teil der Eislaufgesellschaft mit den Schlittschuhen in der Hand („Vermögen“) in einem Sumpf aus geschmolzenem Speiseeis, Blut und Tauwasser und haben keine Ahnung, was wir tun sollen („vermögen“). Um es einfach zu halten, konzentrieren wir uns auf uns selber. Wie wir andere einbinden können, ist uns scheißegal. Egal, wie altruistisch unsere Gedanken sind, wir Großstadt-Bobos, Teilzeit-Hippies, Vegan-Aposteln, Baum- und Kuhstreichler sind alle Teil des Problems. Das zu akzeptieren, könnte schon Teil der Lösung sein. Starten wir die Diät zusammen! Dann helfen uns die Aliens vielleicht mal aus der Bredouille.